Heinz-Jürgen Vogels
1. „Wer es fassen kann, der fasse es“.
Im Matthäusevangelium findet sich ein Satz, auf den sich Gegner und Befürworter des Zölibats-Gesetzes berufen; es ist das Wort des Herrn: „Nicht alle fassen dies (das Nicht-Heiraten), sondern nur die, denen es gegeben ist.
Denn es gibt Eheunfähige (Eunuchen), die von Geburt an so sind, und es gibt Eheunfähige, die von Menschen dazu gemacht worden sind, und es gibt Eheunfähige, die sich selbst eheunfähig gemacht haben um des Himmelreiches willen. Wer es fassen kann, der fasse es“ (Mt 19,11f). Für die Frage, ob die Kirche auf diese Schriftstelle ein Zölibatsgesetz gründen kann, kommt viel darauf an, was der uns vorliegende Text, der in der katholischen Kirche in seiner Endredaktion als Offenbarung und Wort Gottes gilt [1], über dieses Charisma der Ehelosigkeit sagt.
a) Die „Sache der Ehelosigkeit“
In der uns vorliegenden Endfassung des Matthäusevangeliums ist das Herrenwort in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vorausgehenden zu verstehen. Die Jünger waren erschrocken über Jesu strenge Ehescheidungsmoral (Mt 19,3-9): Sie lässt außer bei Unzucht keine Scheidung zu. Die Jünger sagten dazu: „Wenn die Sache mit Mann und Frau so steht, dann ist es nicht empfehlenswert zu heiraten“ (Mt 19,10). Dieser Satz bezeugt, dass Matthäus das Wort Jesu über die geschenkte Ehelosigkeit (11-12) als Fortsetzung der Belehrung Jesu über die Ehe (3-9) verstanden hat. So ergibt sich die einsichtige Gedankenkette: Aus der fast uneingeschränkten Unauflöslichkeit der Ehe ziehen die sehr menschlich denkenden Jünger den Schluss, es sei nicht gut, überhaupt zu heiraten. Auf diese Meinungsäußerung der Jünger antwortet der Herr: Nicht alle fassen dies Überhaupt-nicht-Heiraten, sondern nur die, denen es gegeben ist.
Zunächst ist die Einschränkung zu beachten, die betont am Anfang steht. Mit Blick auf den Kommentar der Jünger: „Besser gar nicht heiraten“, spricht Jesus zunächst eine Warnung aus: „Nicht alle“ haben die Fähigkeit, dies zu tun. Was ist mit „dies“ gemeint? Der gerade angeklungene Gedanke der Jünger, nicht zu heiraten. Der Hinweis Jesu muss sich auf etwas anderes als auf ein Wort beziehen, nämlich auf eine Sache. Und dies kann nicht die „Sache“ des Mannes mit der Frau (in Vers 10) sein, denn diese Sache hatten die Jünger ja gut als eine unauflösliche Verbindung verstanden. Sondern es muss das Neue sein, das im Wort der Jünger anklingt, nämlich das Nicht-Heiraten aus freien Stücken. Tatsächlich hat „lógos“ nicht immer die Bedeutung „Wort“, sondern auch die von „Sache“. Das Herrenwort Mt 19,11 ist rückübersetzbar ins Aramäische, das dem Hebräischen sehr ähnlich ist. Dann lautet das entsprechende Parallelwort für lógos in beiden Sprachen: dabár oder debiráh. Und dieses semitische Wort hat die Doppelbedeutung „Wort“ und „Sache“ [2]. Hier muss die Bedeutung „Sache“ gemeint sein: Die neue Sache der Ehelosigkeit ist nicht allen zugänglich.
b) Nicht alle „fassen es“
„Nicht alle fassen diese Sache“ des Nicht-Heiratens, sagt der Herr in Mt 19,11. Was ist dann mit „fassen“ gemeint? Wenn es sich nicht auf ein Wort bezieht, sondern auf eine Sache, muss es etwas anderes als verstandesmäßige Fassungskraft meinen. Nachdem wir einmal durch die Rückübersetzung ins Aramäische die Lösung gefunden haben, liegt dasselbe auch hier nahe: Was sind die Entsprechungen für das griechische „choreîn“ im Aramäisch-Hebräischen? Im gesamten Ersten Testament, das für einen Vergleich ja am ehesten in Frage kommt, gibt es keinen einzigen Fall, in dem das entsprechende Wort für choreîn im Aramäischen „verstehen, begreifen, erfassen“ bedeuten würde, sondern alle hebräischen und aramäischen Parallelworte, die in der Konkordanz zur Septuaginta (dem griechischen Alten Testament) angegeben sind [3], haben eine räumliche Bedeutung, sie meinen „fassen“ von so und soviel Maß, „enthalten, aufnehmen“ im Sinne der räumlichen Kapazität [4]. Gleiches gilt für das Griechisch des Neuen Testaments: Auch hier heißt choreîn räumlich fassen. Bei der Hochzeit zu Kana befiehlt Jesus die Krüge mit Wasser zu füllen, „von denen jeder zwei bis drei Maß fasste“ (Joh 2,6). Am Ende des Johannesevangeliums heißt es: „Die Welt würde die Bücher nicht fassen, die da zu schreiben wären“ (Joh 21,25). In der Auseinandersetzung mit den Schriftgelehrten wirft Jesus ihnen vor: „Mein Wort findet keinen Platz in euch, ihr handelt wie euer Vater (der Teufel)“ (Joh 8,37) [5]; das bedeutet, dass „fassen“ etwas mit dem Handeln zu tun hat, nicht mit dem Verstehen.
Sicher ist also die räumliche Bedeutung, die sonst überall anzutreffen ist, auch hier in Mt 19,11 anzunehmen: „Die Sache des Nicht-Heiratens findet nicht Platz in allen“. „Fassen“ bedeutet hier nicht erfassen mit dem Verstand, weil es sich nicht auf ein Wort, sondern auf die neu angeklungene Sache, den Vorteil des freiwilligen Nicht-Heiratens, bezieht. Dann aber muss das Fassen etwas mit dem Tun zu tun haben: Nicht alle „packen“ das, bringen das fertig, müsste man in Umgangsdeutsch übersetzen. Für „erfassen“ im geistigen Sinne gibt es genügend andere Worte im Griechischen: gnônai, syniénai, noeîn, wie auf Hebräisch-Aramäisch jada’.
Dieses Ergebnis ist wichtig, weil dann der Zölibat nicht vom Verstehen des Wortes Jesu, vom Verständnis für die Ehelosigkeit oder vom Hinhören abhängt, sondern von einer leib-seelischen Fassungskraft, die nicht allen gegeben ist. Es zeichnet sich jetzt deutlich ab, wen der Herr mit dem Satz gemeint hat: „Nicht alle fassen diese Sache“. Es sind jene, die in Seele und Leib eine Fassungskraft für das ehelose Leben haben. Nicht die geistige Fähigkeit, diese Lebensform zu verstehen, sondern die personal-leibhafte Fähigkeit, sie im Leben zu verwirklichen, ist nach Jesu Wort nicht allen gegeben. Jemandem, der den Zölibat nicht leben kann, fehlt es nach Jesu Worten nicht am Verständnis für den Zölibat um des Himmelreiches willen, ihm fehlt es an einer leib-seelischen Befähigung, die einer entweder hat oder nicht hat.
Diese besonders wichtige Auskunft erhalten wir im Nachsatz: „nur die fassen es, denen es gegeben ist“ (Mt 19,11b). Die leib-seelische Fassungskraft (das choreîn) für die Ehelosigkeit wird von Jesus als ein Geschenk göttlicher Gnade bezeichnet. Er drückt es immer gern durch das Passiv aus, wenn er vom Handeln Gottes spricht [6]. Er meint: Nur die fassen es, denen Gott es gegeben hat. Jesu Wort besagt also, dass die Fähigkeit, das ehelose Leben zu verwirklichen, ein Geschenk Gottes ist, das nicht allen zuteil wird.
Das heißt, keiner kann den Zölibat mit seinen eigenen Kräften leben. Jesus spricht die Warnung aus: Vorsicht, nicht jeder kann das, was ihr sagt: Nicht heiraten; denn dafür ist eine eigene Gnade notwendig. – Als Kehrseite der Warnung ergibt sich: Wehe dem, der es ohne diese Gnadengabe versucht! Denn Gott selbst hat gesagt: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ (Gen 2,18). Und Paulus: „Es ist nicht gut zu brennen“ (1 Kor 7,9).
Damit ist offensichtlich angedeutet, dass diejenigen, die das Charisma der Ehelosigkeit nicht empfangen haben, leib-seelisch unfähig sind, den Zölibat zu leben. Da sie nicht die Gnade empfangen haben, die Ehelosigkeit zu „fassen“, würden sie sich überfordern, wenn sie es dennoch versuchten. Diese Überanstrengung erklärt die Neurosen, zu denen es kommt, wenn Nicht-Berufene den Zölibat halten wollen oder müssen.
Auch Paulus spricht von dieser „Unfähigkeit, sich zu enthalten“, ganz wertneutral (1 Kor 7,5). In diesem Fall gibt er den Rat, zu heiraten (7,8.35).
c) Ist das Charisma der Ehelosigkeit erbittbar?
Entscheidend für die Frage eines möglichen Zölibatsgesetzes ist nun, ob man um das Charisma des Zölibats nach Jesu Worten bitten kann oder nicht. Dazu macht das letzte Wort des Satzes Mt 19,11 eine wichtige Aussage: „nur die fassen es, denen es gegeben ist“. Das Wort steht in der Vergangenheitsform, und zwar in der Zeitform der vollendeten Vergangenheit, dem Perfekt: Es ist ihnen bereits gegeben. Diese Zeitform besagt mit aller Deutlichkeit, dass die Verleihung der göttlichen Gabe bereits in der Vergangenheit liegt, nicht in der Zukunft. Entweder er hat sie in der Vergangenheit empfangen, oder er hat sie eben nicht. Damit ist offensichtlich die Frage beantwortet, ob das Charisma der Ehelosigkeit erbittbar ist. Das Beschenktwerden mit der Gabe liegt dem Fassen-Können voraus. Jesus sagt ja: Nicht alle fassen diese Sache (Präsens), sondern nur die, denen es gegeben ist (Perfekt).
Hätte Jesus sagen wollen, dass man darum bitten kann oder soll, dann hätte auf das Präsens ein Futur folgen müssen, etwa: Nur die fassen es, denen es gegeben werden wird. Diese Zeitfolge gibt es tatsächlich im Neuen Testament: im Jakobusbrief 1,5. Da heißt es: „Wenn es jemand von euch an Weisheit fehlt, dann erbitte er sie, und sie wird ihm gegeben werden“. So wäre auch in Mt 19,11 das Futur eine Einladung zum Gebet gewesen: „Bittet um die Gabe der Ehelosigkeit, sie wird euch gegeben werden.“ Das Perfekt „es ist ihnen gegeben“ macht deutlich, dass die Gabe der Ehelosigkeit vorgegeben, nicht erbittbar, ist.
Diese Vorgegebenheit wird durch Vers 19,12 bestätigt. Mt 19,12 enthält eine Begründung für Vers 11, weil er mit dem Wort „denn“ eingeleitet wird. Was Jesus über die Ehelosigkeit zu sagen hat, ist also im Kern schon in Vers 11 enthalten. Darum führt auch das 2. Vatikanum nur Mt 19,11 als Belegstelle für seine Lehre an, dass der Zölibat eine Gabe von Gott, ein Charisma sei [7]. Hier muss also die Sinnspitze des Wortes Jesu liegen: Der Zölibat bedarf einer Gabe, die vorgegeben ist. Vers 12 will die Begründung für diesen Satz liefern, Jesus tut das durch einen Vergleich. Er bestätigt das bisher gewonnene Ergebnis: „Denn es gibt Eunuchen, die aus dem Schoß ihrer Mutter so geboren worden sind, und es gibt Eunuchen, die von Menschen dazu gemacht worden sind, und es gibt Eunuchen, die sich selbst eheunfähig gemacht haben um des Himmelreiches willen. Wer es fassen kann, der fasse es.“
Auffallend ist die genaue Entsprechung zu Vers 11 in den Zeitformen: So wie in Vers 11 das Präsens „nicht alle fassen dies“ einen Zustand beschreibt, so schildert hier in Vers 12 das Präsens „es gibt Eunuchen“ einen Zustand, so wie wenn daran nichts zu ändern wäre. Auch die dreimalige Vergangenheitsform: „die so geboren worden sind, die so gemacht worden sind, die sich selbst so gemacht haben“, aufgrund der bereits vorher empfangenen Gabe (Vers 11), schildert ein abgeschlossenes Geschehen in der Vergangenheit. Tatsächlich wird in dem Wort Jesu von den Eunuchen angedeutet, dass es eine Parallele zwischen der geschenkten Ehelosigkeit und der zwangsweisen Eheunfähigkeit durch einen leiblichen Mangel gibt: So wie die beiden ersten Beispiele in Jesu Weisheitsspruch aus der Leib-Sphäre des Menschen genommen sind, so wirkt sich die von Gott ermöglichte Ehelosigkeit ebenfalls in einer leiblichen Fähigkeit aus. Wenn die Zusammenstellung der drei Eunuchen in einem Spruch einen Sinn haben soll, dann muss es der sein, dass es Parallelen zwischen ihnen gibt. Alle drei sind Eunuchen, „verschnitten“, wie man häufig übersetzt, nur der Weg, wie sie so geworden sind, ist verschieden. Die drei Stufen sind deutlich erkennbar: Die Unfähigkeit zu heiraten besteht im Impotenten von der Wiege an, sie ist ihm vorgegeben als ein festes Datum seines Lebens; beim Kastrierten ist sie von Menschen gemacht, aber ebenfalls jetzt vorgegeben und nicht mehr zu ändern; anders und doch ähnlich ist es bei den Eunuchen um des Himmelreiches willen: Auch ihnen ist die Fähigkeit, ehelos leben zu „können“, vorgegeben, aber durch Gnade und nicht durch die Schöpfung oder durch Menschen. Außerdem haben sie noch die Freiheit, diese Gabe anzunehmen und zu verwirklichen oder auch nicht, denn es heißt: „sie haben sich selbst eheunfähig gemacht um des Himmelreiches willen“.
„Eunuch“ muss daher in einem realistischen Sinn genommen werden. Es gibt einige, die vom Himmelreich so ergriffen sind, dass sie seelisch zur Ehe „unfähig“ sind. „Um des Himmelreiches willen“ bedeutet die Motivation für ihren freien Willen, aber ihre Eunuchie ist genauso unmöglich ohne die Gnade Gottes, wie die Eunuchie der zwei ersten Beispiele unmöglich ist ohne das Dazwischentreten Gottes als Schöpfer im ersten Fall oder des Menschen im zweiten. Vers 12 will den Vers 11 begründen; dann will Jesus durch Vers 12 die kleine Zahl der geistlichen Eunuchen oder zur Ehelosigkeit Fähigen vor Augen führen, wie auch den gottgegebenen Charakter ihrer Fähigkeit. Keiner kann um des Himmelreiches willen ehelos bleiben, wenn er dazu nicht eine besondere Ausrüstung bekommen hat.
Das Ehelosigkeitscharisma ist also eine übernatürliche Begabung, ähnlich einem musikalischen Talent, das man zwar entfalten oder auch verkümmern lassen kann, das aber nicht der Verfügungsgewalt des Menschen untersteht, weder ihm selbst noch seinen Vorgesetzten. Selbstverständlich kann und muss der Berufene um die Erkenntnis und um die Bewahrung des Charismas beten, wenn er es hat. Aber er kann nicht gegen das Jesuswort mit Aussicht auf Erfolg um die Gabe selbst bitten [8]. – Dies bezieht sich wohlbemerkt nur auf die Gabe der Ehelosigkeit. Nur von ihr gilt nach dem Neuen Testament, dass sie vorgegeben ist. Alle anderen Charismen sind selbstverständlich erbittbar und sollen auch erbeten werden, wie Jakobus im zitierten Vers und Paulus in 1 Kor 12,31 sagt: „Bemüht euch um die höheren Charismen.“
Der Nachsatz: „Wer es fassen kann, der fasse es“ bedeutet die Aufforderung an den freien Willen des Begnadeten, die Gabe zu ergreifen. Aus dieser Aufforderung wird noch einmal klar, dass Jesus nicht zum Beten um die Gabe selbst einlädt, sondern nur zum Erkennen und Anerkennen der bereits zuteil gewordenen Gabe: Wer kann, soll zugreifen. Nicht die, die nicht können. Und nicht die, die es gerne wollen, wie die Jünger! Jesus wendet sich an den bereits Begabten und lädt ihn ein, den Lebensstand, zu dem er von Gottes zuvorkommender Gnade die Kraft bekommen hat, auch zu ergreifen. Man könnte Jesu Worte so zusammenfassen: Seid vorsichtig, wünscht nicht, lieber unverheiratet zu bleiben! Nur wenige sind dazu fähig. Einige Impotente und Verschnittene mögen es tun, und einige geistlich von Gott Begnadete können es um des Himmelreiches willen tun. Wenn einer nicht zu diesen relativ kleinen Gruppen gehört, soll er die Finger davon lassen und sich mit der Gabe der Ehe zufrieden geben [9].
[1] DS 1501 (D 783); DS 3006 (D 1787), Vatikanum II, Dekret über die Offenbarung, Dei Verbum, Nr.11, in: LThK2 Konzil II,545ff. – Gnilka, Jesus von Nazareth, 27.
[2] W. Gesenius, Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament etc. (Leipzig 171915, Neudruck) zum Wort.
[3] E. Hatch – H. Redpath, Concordance to the Septuagint II (Oxford 1897) 1482.
[4] Vgl. Gesenius zu hazaq – festschnüren; jakal – können, vermögen, ursprünglich wohl fassen; kul – messen, abmessen; nasa’ – erheben, tragen, ertragen; und kebet, abgeleitet von but – übernachten, kommt von bajit – Haus, Behälter!
[5] Alle diese Stellen bei Bauer, griech.-deutsches Wörterbuch zum NT, 1759. Hier ordnen Liddell-Scott auch Mt 19,11f ein, beim räumlichen Fassen!
[6] Sogenanntes Passivum divinum, vgl. J. Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu (Göttingen 4 1966) 194f; Blinzler 265.
[7] Dekret über Leben und Dienst der Priester (PO) 16: LThK 2 Konzil III, 221 Anm. 42: “in der Erkenntnis (!) der hohen Gnadengabe, die ihnen vom Vater gegeben wurde und die der Herr so offenkundig gepriesen hat, vgl. Mt 19,11”.
[8] Selbst F. Klostermann in: Theologisch-Praktische Quartalschrift 127 (1979) 311-313; der in seiner Rezension zum Buch des Verfassers “Pflichtzölibat” (Kösel 1978) zunächst sagt, hier werde der Text Mt 19,10-12 “wohl zu sehr gepresst”, schreibt wenige Zeilen später ganz ähnlich: “Man kann und muss dann auch wohl beten, dass man sie (die Charismen) erkennt und bewahrt.” Dass man um die Gabe selbst bitten könne, sagt auch er nicht. Im Gegenteil, hier seien “sicher Fehleinschätzungen möglich”, ob einer die Gabe hat oder nicht, “auch ohne jegliches menschliches Verschulden.” Das wurde “von der Kirche lange genug nicht gesehen … Zahllosen Menschen wurde dadurch bis in den Tod hinein Unrecht und namenloses Leid angetan. Das wird man alles zugeben können und müssen.” Ähnlich widersprüchlich ist die Stellungnahme von J. Kremer, “Eifert aber um die größeren Charismen” (1 Kor 12,31a), in: Theologisch-Praktische Quartalschrift 128 (1980) 321-335, hier 331 Anm. 39. Einerseits sagt er, diese Exegese “wird weder dem Wortlaut des Textes gerecht noch dessen ganzem Gedankengang.” Dann aber formuliert er in der Sache gleichlautend, dass Mt 19,12 “den Fall einbezieht, dass Menschen – nicht ohne Gnade Gottes – diesen Weg gewählt haben.” Um diese (vorgegebene) Gnade Gottes kann man also auch nach ihm nicht beten, nur mit ihr mitwirken. Genau das sagt er nocheinmal im Text S. 332: “Vor allem hat das Gebet seinen Wert, wenn es darum geht, dem geschenkten (!) Charisma durch die Lebensweise gerecht zu werden.” Nicht mehr und nicht weniger ist auch die These dieses Buches, s.u. d.
[9] Quentin Quesnel’s Artikel: “Made themselves eunuchs for the Kingdom of Heaven” (Mt 19,12), in: Catholic Biblical Quarterly 30 (1968) 335-358, auf den sich auch Uta Ranke-Heinemann, Eunuchen für das Himmelreich (Hamburg 1989, TB München 1990) 36-39, beruft, sagen, in Mt 19,11f sei die Unauflöslichkeit der Ehe gemeint, die sei schwer zu erfassen. und nur mit einer Gabe Gottes zu verwirklichen. Der Geschiedene sei wie ein Eunuch und müsse es bleiben. – Diese Auffassung krankt daran, dass sie choreîn als “verstehen” missdeutet statt als leib-seelische Fähigkeit zur Verwirklichung der Ehelosigkeit. Für Quesnel (und Ranke-Heinemann) ist das in Vers 6-9 Vorausgehende, Jesu strenges Scheidungsverbot, “ein Mysterium, dessen Verständnis nicht allen gegeben ist” (Quesnel 349). Dem ist vor allem entgegenzuhalten, dass “Eunuchie” eine Unfähigkeit, überhaupt zu heiraten, bedeutet, und nicht Treue zu einer ersten und einzigen Ehe, die ja gerade Ehefähigkeit voraussetzt! Und außerdem: Eheliche Treue ist eins der Zehn Gebote, also etwas Allgemeines, das alle verstehen und halten sollen; Zölibat dagegen ist tatsächlich “nicht allen” gegeben. Ähnlich Gnilka in HThK, Mt II,155: “Damit muss etwas Außergewöhnliches, nicht von jedem Akzeptiertes gemeint sein. Die Ehelehre galt allen.”
So viel Diskussion in einer schlichter Sache. Das Zölibat lässt sich mit der Bibel nicht begründen und doch das ehelose Leben gehört seit Anfang der Kirche zum christlichen Proprium. Auch im neuen Kontext des Jahres 2019 gilt: Wer es fassen kann, fasse es.
Es grüsst Tomas
Nach der Gründung der christlichen Kirche konnten Priester und Bischöfe jahrhundertelang selbst entscheiden, ob sie heiraten wollten. Die Forderung “kein Sex für Priester” wurde sinngemäß erstmals auf der Synode von Elvira im Jahr 306 nach Christus laut.
Der Glauben ist hier kaum zu finden, sondern immer nur Meinungen – sie machen sich ihre eigene lehre – “Glaube ist nicht das selbst Erdachte, nicht Ausgedachte, sondern das mir Gesagte, das mich in Verpflichtung nimmt!” “Der Glaube kommt vom Hören”, sasgt der hl. Paulus Röm 10, 17 – aber da geben wir doch mal gleich unseren Senf hinzu – “Sie rauben dem Sünder die Freiheit und knechten de Schuldlosen…” Vgl. Joh 8, 32 – Jesus fragt: Glaubt du das? einfach nur armselig – die wichte!!
Wenn der Petrus eine Schwiegermutter hatte, dann wäre es wohl biblisch angebracht, dass der Papst auch eine hat. Jesus sagt kein Wort dazu, dass wer ihm nachfolgt zölibatär leben muss. Es ist einfach eine katholische Tradition, die dogmatisiert wurde und jetzt tut man sich schwer dieses Monstrum, das hier entstanden ist, abzuschaffen.
Im 1. Korintherbrief Kapitel 9, 1-5 schreibt Paulus:
„Bin ich nicht frei? Bin ich nicht ein Apostel? Habe ich nicht Jesus, unsern Herrn, gesehen? Seid nicht ihr mein Werk in dem Herrn? Bin ich für andere kein Apostel, so bin ich’s doch für euch; denn das Siegel meines Apostelamts seid ihr in dem Herrn. Denen, die mich verurteilen, antworte ich so: Haben wir nicht das Recht, zu essen und zu trinken? Haben wir nicht auch das Recht, eine Schwester als Ehefrau mit uns zu führen wie die anderen Apostel und die Brüder des Herrn und Kephas?“
Also hatten die anderen Apostel auch Ehefrauen! Oder? Wenn Jesus oder Paulus selbst unverheiratet waren, dann ist das kein Argument für eine allgemeine Verpflichtung von Geistlichen. Die Priester im Alten Testament waren auch verheiratet. Auch hier gibt es keinen Hinweis auf ein Zölibat. Die Ausklammerung des Priesters im Alten Testament ist bemerkenswert. Einerseits übernimmt man gerne die exklusive Stellung des AT Priester als Vermittler zwischen Gott und Mensch, andererseits orientiert man sich nicht an der Tatsache, dass sie für ihren heiligen Dienst sehr wohl befähigt waren ohne verheiratet zu sein.
In aller Schärfe wendet sich Paulus gegen ein verpflichtendes Zölibat: „Der Geist aber sagt deutlich, dass in den letzten Zeiten einige von dem Glauben abfallen werden und verführerischen Geistern und Lehren von Dämonen anhängen, verleitet durch Heuchelei der Lügenredner, die ein Brandmal in ihrem Gewissen haben. Sie gebieten, nicht zu heiraten und Speisen zu meiden, die Gott geschaffen hat, dass sie mit Danksagung empfangen werden von den Gläubigen und denen, die die Wahrheit erkannt haben.“ (1. Timotheus 4, 1-3)
Auch wenn dieser Text von gnostischen Strömungen spricht, ist er vom Wesen her an die Situation des katholischen Priesters anwendbar, weil hier in unnatürlicher und unchristlicher Weise Leib und Geist getrennt wird, so als ob ich heiliger wäre, wenn ich auf Bedürfnisse des Leibes verzichte. Die Hellenisierung des Judentums und des Christentums hat zu einer Leibfeindlichkeit geführt. Das Ergebnis ist eine überzogene Forderung an die Gläubigen.
ES gibt kein bibliches Zölibat. Bis zum 3.oder4. Jahrhundert durften die Kirchenmänner Heiraten. Da diese aber aus gutem Hause kamen,Geld hatten, fiel das Geld an die Hinterbliebenen. DaS WAR DER gELDGEILEN
Kirche nicht recht. Also wurde die Heirat verboten.
Bis zum 12. Jahrhundert durften Kirchenmänner verheiratet sein!
In der Antike hätte es sonst überhaupt keine Priester gegeben, da so gut wie alle Männer und Frauen ziemlich jung von ihren Familien verheiratet wurden.
Es wurde den Priestern daher ein Enthaltsamkeits-Zölibat auferlegt, der aber meist nicht wirklich gehalten wurde. Dabei ging es um “kultische Reinheit”.
Erst 1139 wurde endgültig der Ehelosigkeits-Zölibat für Priester festgesetzt, aus macht- und geldpolitischen Gründen. Theologie spielte dabei eigentlich keine Rolle. Die kam erst dazu, als man den Zölibat gegen die Reformation verteidigen musste.
Mir ist kurz bevor der Skandal mit dem Missbrauch innerhalb der kath. Kirche öffentlich wurde durch Fügungen Gottes das Thema Zölibat aufs Herz gelegt worden. Ich rede gern Tachles und so habe ich mich an den Papst damals direkt gewandt indem ich ihn fragte wo denn die biblische Begründung dafür stünde, denn meinem bescheidenen Bibelverständnis nach gibt Gott die Gabe des Charismas des Zölibats, sonst wäre es nur schwer lebbar. Berufen sein zum Priester könne man ja wohl trotzdem, das Zölibat auch Voraussetzung zur Priesterweihe ist gibt es ja nur in der römisch-kath. Kirche (nicht mal bei den Altkatholiken). Die Antwort war: Ja Gott gibt dieses Charisma. Aber danach kam gleich der Satz mit Verweis auf den hier diskutierten Bibelvers und den Katechismus als Zeichen des Himmelreiches um mit guten Beispiel für die Menschen (Schäfchen) voranzugehen. Ich will nicht behaupten, dass der Zölibat der Grund für sexuellen Missbrauch ist, aber wenn es keine Gnadengabe ist ist es sexueller Missbrauch der Seele, die von Satan angegriffen werden kann und dann kann es zu Missbrauch führen. Dass Pädophilie und Homosexualität (die Tat, nicht der Mensch) als Sünde erachtet werden, dies kann ich wiederum eindeutiger aus dem NT entnehmen, auch aus dem AT (Sodom & Gomorra) . Seid fruchtbar und mehret euch, es ist nicht gut, wenn der Mensch allein sei, es sei denn er hat dieses Charisma von Gott bekommen. Cohens sollten sogar verheiratet gewesen sein. In alten orthodoxen Kirchen ist auch die Frau eines Priesters wie eine Mutter zu der Gemeinde, so wie der Priester wie ein Vater sein sollte. Die Betonung liegt auf wie ein Vater, denn es gibt nur einen den wir Vater nennen dürfen, das ist unser Vater im Himmel.
Zu Frau Levinas habe ich schon oben Stellung genommen. Jesus würde niemals zu einer Kastrierung um des Himmels willen auffordern. Was er mit “Eunuch” meint, ist eindeutig geistig zu verstehen. Josef Blinzler meint in ZNW 48 (1957), dass man Jesus wegen seines Unverheiratetsein einen “Eunuchen” genannt habe, auf dieses Schimpfwort antwortet er. Er war nur geistig ein Eheunfähiger.
Wissen wir denn, ob er verheiratet war oder nicht?
Es gibt Exegeten, die sagen, dass das NT vor allem zu erläutern versucht, worin Jesus sich von Judentum unterscheidet …
Es gibt apokryphe Texte, in denen wird Magdalena als die Frau bezeichnet, “die Jesus auf den Mund geküsst hat” – und jüdische Neutestamentler, die erklären, Jesus habe sich auf der Hochzeit zu Kanaa unmöglich verhalten – es sei denn, es wäre seine eigene gewesen …
Also – wir wissen es NICHT!
typisch neu-heidnisches geschwätz – inflation des wortes – gealterten jugendlichen! man hat zwar ein anrecht euf eine eigene meinung, nicht aber eigenen fakten!!
herr vogel Sie sprechen sau-dummes zeigt!!!! “diese Generation ist böse” Lk 11, 29-32 – sie verlangen ständig nach zeichen und dabei hane sie es schon: Jesus selbst! dieser neu-hieden wollen sich zu interpreten der Hl. Schrift machen – sie verbiegen, biegen, kehren um – einfach nur Deppen!!
Genau das habe ich ja gesagt! Da sieht man, wie schwer es ist, Texte genau zu lesen. Dass Jesus vor der Ehelosigkeitr warnt, wenn man die Gabe dazu nicht hat, ist ja alles, was ich sage. Dass sie zur Vollkommenheit gehört, sagt Jesus nicht und mein Text auch nicht. Lesen! Heinz-J. Vogels
Lieber Peter, Du hast recht, dass es noch andere Stellen zum Zölibat gibt. Über 1 Tim und Tit und besonders über 1 Kor 9,5 habe ich ausführlich in meinen Büchern , die Du in der Website genannt findest, gehandelt. Einig scheinen wir uns darin zu sein, dass es nach dewm NT keinen Pflichtzölibat geben dürfte, sondern Ehe und Ehelosigkeit für die Priester, wie im Osten der Kirche.
In diesem Text finden sich mehrere schwere hermeneutischer Fehler:
1.Nicht alle Verse zu diesem Thema berücksichtigen.
2.Den Kontext nicht beachten (es geht hier gar nicht um die Ehelosigkeit der Bischöfe, Pastoren, Aufseher, Diakone)
3.Außerachtlassen der eindeutigen Aussagen der Schrift:
1Ti 3:2 Nun muss aber ein Aufseher untadelig sein, Mann einer Frau,
1Ti 3:12 Die Diakone sollen jeder Mann einer Frau sein, ihren Kindern und ihrem Haus gut vorstehen;
und in jeder Stadt Älteste einsetzt, so wie ich dir die Anweisung gegeben habe:
Tit 1:6 wenn einer untadelig ist, Mann einer Frau, und treue Kinder hat,
1Ko 9:5 Sind wir nicht berechtigt, eine Schwester als Ehefrau mit uns zu führen, wie auch die anderen Apostel und die Brüder des Herrn und Kephas?
Vielen Dank! Eine sehr einleuchtende Erläuterung eines überaus verwirrenden Textes.
Sehr geehrter Herr Doktor! Eine Schriftstelle aus dem Zusammenhang und dem Kontext mit der Geschichte herauszureißen ist ein gefährliches Spiel und führt leicht zu Irrtümern. Hier einen Zusammenhang mit dem Kondom herzustellen ist vielleicht eine philosophische Spielerei, geht aber an den Tatsachen vorbei. Jesu Wort von den Eunuchen (griech. Urtext) ist die Antwort auf die Reaktion der geschockten Jünger: Wenn eine Ehescheidung nicht möglich ist, dann ist es nicht gut zu heiraten. Und Jesus stellt nur fest, dass es verschiedene Arten von Eunuchen gibt. Er spricht dabei keine Empfehlung für die Ehelosigkeit aus, im Gegenteil, er warnt davor, eine solche Lebensform zu wählen, wenn dieser Mensch dafür nicht ein besonderes Charisma (eine besondere Gnadengabe) von Gott bekommen hat. Nirgends ist aus dieser Schriftstelle zu schließen, dass die Ehelosigkeit für die Vollkommenheit des Menschen notwendig wäre.
Sehr geehrter Herr Dr. Ob Papst Benedikt XVI. von Gott geleitet war, als er Jesus (Joh 10, 34) zitierte “Ihr seid Götter”, kann ich nicht sagen. Jesus selbst hat dabei Psalm 82, 6 zitiert. Das Wort “Ihr seid Götter” hat sowohl der Psalmist, als auch Jesus in dem Sinn gebraucht, als nach der Heiligen Schrift alle Menschen Kinder Gottes sind.
Die Ansichten Jose Escrivas haben überhaupt keine rechtliche oder glaubensrelevant bindende Auswirkung. Sie sind lediglich seine Privatmeinung. Das gilt auch für den Pflichtzölibat. dieser ist biblisch nicht zu rechtfertigen und widerspricht sowohl dem Naturrecht als auch den Menschenrechten.
Heinz-Jürgen Vogels, geschrieben am 23.05.2010, 22:15
Eunuchen um des Himmelreiches willen
Frau Levinas hält meine Exegese für falsch. Ich halte ihr entgegen: Der Rätselspruch (Mashal) Jesu enthält einer Klimax, das dritte Glied ist das entscheidende, von dem Frau Levinas überhaupt nicht spricht: Es gibt Leute, die sich um des Himmelreiches willen verschnitten haben. Das ist geistig gemeint: Sie haben sich eheunfähig gemacht. Und das können sie nur, weil es ihnen “gegeben ist”. Das ist das sogenannte passivum divinum, die Umschreibung des Handelns Gottes durch eine passive Redewendung. Das ist Gemeingut aller Exegeten: Gott gibt es.
Nur weil Exegeten seid Jahrhunderten diesen Satz so auslegen, heißt das noch nicht, dass es richtig ist.
Wer legt denn fest, dass Jesus den Begriff “Eunuchen” im dritten Satz auf einmal anders, “geistig” gemeint hat? – Die, denen es nützt, die das Argument brauchen.
Andere, nichtkatholische Theologen sehen das anders. Und auch beim Konzil von Nizäa wurde das wohl noch anders verstanden.
Es gab sie durchaus, diejenigen, die das wörtlich verstanden haben und die “Kastration um des Himmelreiches willen” an sich selber durchgeführt oder haben durchführen lassen – körperlich, nicht geistig!
“Gegeben” ist eine solche Selbstverstümmelung niemandem! Und ganz sicher nicht – egal ob körperlich oder “geistig” – von Jesus gewollt oder gar empfohlen.
Nein, ich teile Frau Levinsons Auffassung – Jesus antwortet seinen Jüngern auf die Anmerkung, “es sei wohl besser nicht zu heiraten, wenn das mit der Trennung so streng ist”. – “Heiraten ist besser, ist sinnvoller, weil von Gott für den Menschen vorgesehen”.
Den einen Satz Mt 19,12 ohne den Gesamtzusammenhang zu lesen, ist m.E. grundfalsch.
Jesus KANN als Jude eigentlich auch gar nicht anders argumentieren. Ehe- und damit Kinderlosigkeit – das geht gar nicht, das schließt am Ende ja gerade von der Teilhabe am Reich Gottes aus!!! Das bezeugen zahllose Texte des AT.
Liebe Frau Becker.
Sie haben natürlich völlig recht, wenn sie sagen, dass diese Stelle bei Matthäus im Zusammenhang zu lesen ist, denn im Vers 11 warnt Jesus ausdrücklich vor der Ehelosigkeit, wenn nicht Gott einem solchen Menschen ein besonderes Charisma dafür gegeben hat: “… nur die, denen es (von Gott) gegeben ist. Vgl. 1 Kor 7, Vers 7 und Vers 17.
Hans Chocholka
Ulla Levinson, geschrieben am 23.03.2010, 02:37
Wer DAS fassen kann!
Eine weit ausschweifende Erklärung für einen klaren Sachverhalt. Und in meinen Augen falsch. Der Urtext spricht von “Verschnittenen” resp. Kastraten (Eunuchen)und nicht von Ehelosen. Gemeint sind solche, die sich aus religiösen Gründen selbst entmannt haben, Tempel-Eunuchen, wie sie im heidnischen Umfeld Israels weit verbreitet waren. “Der Fassen-Könnende fasse es!” ist der wörtlich übersetzte Kommentar Jesu in der Bibel dazu. “Denen es gegeben ist”? Gar von Gott? Davon kann hier überhaupt keine Rede sein! Ich lese in MT 19,11-12 eine herrliche Real-Satire (ein Genre, das Jesus durchaus beherrschte!): “Ist euch DIESE Alternative (kastriert zu sein) lieber als verheiratet sein?” ist seine Antwort auf die Anmerkung der Jünger, dass es wohl besser sei, gar nicht erst zu heiraten, wenn das mit der Scheidung so streng ist. Ehelosigkeit war in Israel eben eine völlig unübliche Lebensform (außer in der kleine Sekte der Essener).
Die Umdeutung zum “Charisma der Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen” war erst in einem ncht-jüdischen Umfeld möglich, in dem Tempel-Eunuchen und jungfräuliche Priester/innen vertrauter Alltag waren. Und manche nahmen Mt 19,12 dann auch so wörtlich, dass sich das Konzil von Nicäa 325 genötigt sah, gleich im ersten Canon festzulegen, dass Kastraten nur dann Priester werden durften, wenn sie sich nicht selber entmannt hatten!